Prinz Albrecht von Preußen, Gräfin von Paris, Schöner aus Wiedenbrück: Diese wohlklingenden Namen, so sehr sie auch Klatsch und Tratsch aus der Hochglanzpresse versprechen, stehen ausschließlich für den guten Geschmack. Sie gehören zu den sieben alten Obstsorten, die am Samstag, dem 5. November, in Form von 50 jungen Bäumen ihre neue Residenz in hiesigen Gärten bezogen haben.
Das nasskalte Novemberwetter wurde den vornehmen Gästen und ihren neuen Besitzern leider nicht gerecht. Dabei hatte unsere Aktion einiges zu bieten: Die wenigen Unerschrockenen konnten sich mit nachhaltigen Produkten aus dem Weltladenfahrrad versorgen und mit fair gehandelten Naschereien stärken. An dem praktischen Gefährt boten Dorothee Kohlen, Karl-Heinz Simon und Pfarrer Marco Beuermann von der Steuerungsgruppe „Fairtrade-Stadt“ unter anderem Kekse, Schokolade, ausgesuchte Grundnahrungsmittel und natürlich Kaffee an. Gleich nebenan demonstrierte Heinrich Fischbeck vorausblickend auf seinen Einsatz beim folgenden Repair Café die alte Kunst des Besenbindens. Geschickt wurden Birkenzweige mit Hilfe von Weidenruten in Form gebracht und ergaben ebenso dekorative wie funktionale Laubbesen. Ewald Birkholz und Elmar Gottszky von der Gemeinschaft für Umwelt- und Naturschutz hatten zahlreiche Insektenhotels und Vogelhäuschen im Gepäck und konnten zusätzlich mit vielen interessanten Informationen und Tipps zum Artenschutz im eigenen Garten aufwarten. Wer schnell bei der Sache war, konnte sogar eine Nisthilfe ergattern, die aus einem Balken aus dem Rhedaer Schloss gefertigt wurde.
Womit wir wieder bei unserer Hauptattraktion wären: Im September konnten die Bäume im Bürgerbüro Rheda vorbestellt werden und waren in der Rekordzeit von zehn Tagen ausverkauft. Als beliebteste Apfelsorte stellte sich der Dülmener Rosenapfel (aus dem Jahr 1870) heraus, gefolgt vom Finkenwerder Herbstprinz (1860er Jahre) und Prinz Albrecht von Preußen (1865). Aber auch die Birne Gräfin von Paris (1882) und die Hauszwetsche (Ende 16. Jahrhundert) sowie die beiden weiteren Apfelsorten fanden ihre Liebhaber.
Der Gütersloher Pomologe Rainer Bethlehem machte beim Erstbeschnitt – ganz nach dem Prinzip „heiße Schere, kaltes Herz“ – kurzen Prozess mit störenden Zweigen und erklärte geduldig sein Vorgehen. Die kargen Ästchen der pflanzfertigen Bäume mögen anschließend so manchen Neuling irritiert haben. Ein solch radikaler Rückschnitt fördert jedoch das Wachstum einer kräftigen Krone in den folgenden Jahren und sorgt dafür, dass der Obstbaum bald reichlich Früchte trägt.
Wir freuen uns, dass die Obstbaumaktion ein weiteres Mal so großen Anklang gefunden hat und hoffen, in den nächsten Jahren noch öfter auf diese Weise zur Artenvielfalt beitragen zu können. Allen frischgebackenen Obstbaumbesitzern wünschen wir gutes Gedeihen und eine reiche Ernte!